Trotz
der vielen politischen und wirtschaftlichen Katastrophen des 20.
Jahrhunderts hat die deutsche Edelsteinindustrie mit ihrem Zentrum
Idar-Oberstein eine Stellung in der Welt erreicht, die die international
sicher größte Fachzeitschrift Jeweler's Circular Keystone
Idar-Oberstein als "the world center of coloured stones"
bezeichnen ließ. Blättert man die Anzeigenseiten z.
B. des Lapidary Journal, eine der wenigen ganz auf Edelsteine
spezialisierten Fachzeitungen durch, so findet man immer wieder
Anzeigen, in denen Edelsteine mit "Idar-Oberstein cut"
angeboten werden oder wo es heißt "finest cutting by
German craftsmen" und "recut in Germany". Benötigt
Idar-Oberstein bei alledem überhaupt noch eine Selbstdarstellung?
Genügt es nicht, die eigenen hochklassigen Produkte für
sich werben zu lassen? Sicher kennen die internationalen Edelsteinhändler
die deutsche Edelsteinindustrie und ihre Möglichkeiten. Viele
Angehörige der Schmuckbranche aber sind auf das angewiesen,
was sie in Publikationen lesen können. Die manchmal sehr
euphorischen und die eigene Bedeutung aus ungewöhnlichem
Blickwinkel betrachtenden Darstellungen junger und jüngster
Edelsteinzentren mögen es deshalb für die Meinungsbildung
hilfreich erscheinen lassen, auch etwas von einem Jahrhunderte
alten Zentrum zu hören.
Im Mittelalter gab es im Heiligen Römischen Reich eine große
Anzahl von Edelsteinschleifern in wirtschaftlichen Zentren wie
Nürnberg, Augsburg, Prag, Mailand, Florenz, um nur einige
zu nennen. Diese Werkstätten haben die geschichtlichen Entwicklungen
nicht überlebt oder sind heute eher bedeutungslos. Dagegen
blieben die Schleifereien in und um Idar-Oberstein trotz der vielen
Kriege und Verwüstungen, denen dieser Landstrich ausgesetzt
war, erhalten. Ihre Geschichte wies ähnliche Schwankungen,
Rückschläge und neues Aufblühen auf, wie sie für
das allgemeine Leben in dieser geplagten Region Mitteleuropas
typisch waren.
Einen entscheidenden Schritt nach vorne machte die Industrie
durch die Emigration vieler Menschen aus diesem Raum, die zur
mehr oder weniger zufälligen Entdeckung von Rohsteinlagern
in Süd-Amerika und darüber hinaus zu reger Reisetätigkeit
von Idar-Oberstein nach Afrika, Asien und Australien führte.
An der Entdeckung fast aller neuer Rohstoffvorkommen im letzten
und diesem Jahrhundert waren Idar-Obersteiner beteiligt. Sie schufen
die Voraussetzungen dafür, dass Idar-Oberstein heute das
wohl einzige Edelsteinzentrum der Welt ist, in welchem alle bekannten
Edelsteine geschliffen und gehandelt werden.
Rohsteinhandel:
Der
unverzichtbare Rohsteinhandel bot die Grundlage für die Entwicklung
Idar-Obersteins zu einem Weltzentrum in Farbedelsteinen, und er
hat das Überstehen der politischen und wirtschaftlichen Katastrophen
sowie die Entwicklung der letzten Jahrzehnte erst ermöglicht.
Der Außenstehende, aber auch mancher Anfänger in der
Edelsteinbearbeitung, mag geneigt sein, das Kleinerwerden unserer
Welt durch neue Kommunikationsmedien wie das Internet und noch
schnellere Transportmittel als eine Möglichkeit zu begreifen,
Rohedelsteine auf vergleichsweise einfache Art überall einzukaufen.
Das ist jedoch eine irrige Annahme. Nur die ständigen Reisen
der Rohsteinhändler zu allen vorhandenen, potentiellen und
auch neuen Fundstellen ermöglicht die Prüfung des Angebotes.
Dazu sind schnelle zuverlässige Informationen notwendig.
Die Kenntnis der Mentalität in den jeweiligen Ländern
und deren Gepflogenheiten ist ebenfalls eine nicht unbedeutende
Voraussetzung für den Erfolg.
Ebenso wichtig sind die Kenntnisse im Sortieren der Qualitäten,
das Klopfen, Sägen und Vorbereiten der Partien. Die richtige
Behandlung der Rohsteine entscheidet darüber, wie schnell
und mit welchem Gewinn oder Verlust sie umgeschlagen werden können.
All das zeigt die eminente Bedeutung des Rohsteinhandels für
das deutsche Edelsteinzentrum. Er sichert durch Beteiligungen
an Minen oder langfristige Verträge den stetigen Fluss des
benötigten Rohmaterials und schafft mit seinen sehr großen
Lagern die Möglichkeit, auch Zeiten politischer oder wirtschaftlicher
Unruhe in verschiedenen Ursprungsländern ohne große
Preisausschläge zu überstehen.
Es sollte hier nicht unerwähnt bleiben, dass seit vielen
Jahrzehnten verstärkt auch viele ausländische Rohsteinhändler
Idar-Oberstein regelmäßig besuchen oder hier sogar
eine Niederlassung unterhalten. Sie werden nicht als unwillkommene
Konkurrenten, sondern als erwünschte Partner angesehen und
verstärken das Angebot am Platze zum Vorteil aller Beteiligten.
Fabrikation:
Der
Ursprung der Industrie geht auf die Rohsteinvorkommen im Saar/Nahe-Bergland
zurück. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts waren sie die einzige
Rohstoffquelle. Auf seinen chemisch-physikalischen Eigenschaften
beruht die Bearbeitungstechnik und die Beschaffenheit der Bearbeitungsgeräte.
Der natürliche, vertikal rotierende Sandstein mit seinem
Siliziumoxid bestimmte die schleifbaren Steine. Erst als die härteren
Edelsteine aus den neuen Fundstätten in den Raum Idar-Oberstein
kamen, entwickelte sich die Lapidarie auf horizontalen Scheiben,
die alle Edelsteine zu bearbeiten erlaubte, neben Farbedelsteinen
auch Diamanten, deren Bearbeitung in Amsterdam und Antwerpen erlernt
wurde, und die andere spezifische Techniken - aufgrund der wesentlich
höheren Härte des Diamanten - verlangt, als die Farbedelsteinschleiferei.
So wurde 1886 bereits die erste Diamantschleiferei in Idar-Oberstein
gegründet. Die großen Mengen verfügbarer Diamanten
und die hier vorhandenen dem Diamantschleifen verwandten Fähigkeiten
der Farbedelsteinschleifer, ließen eine Diamantindustrie
aufblühen, die viele Tausende von Arbeitsplätzen bot.
Als die politischen Verhältnisse die deutschen Diamantfirmen
von dem Rohstoffbezug durch De Beers abschnitten, machten viele
europäische und überseeische Diamantäre von den
Fähigkeiten der hiesigen Diamantschleifer dadurch Gebrauch,
dass sie ihre Rohsteine in Lohnarbeit in Idar-Oberstein, der Pfalz
und in Hanau bearbeiten ließen. Bis zur Mitte der 50er Jahre
wurden so Tausende von Schleifern beschäftigt. Dann setzte
die Lohnentwicklung in der Bundesrepublik dem Wachstum der Diamantindustrie
ein Ende. Heute werden hier hauptsächlich größere
Steine und Fantasieschliffe hergestellt, bei denen die Fähigkeiten
der Bearbeiter eine größere Rolle als das Lohnniveau
spielen.
In Farbedelsteinen entwickelte sich Idar-Oberstein vor allem
zum Zentrum für diejenigen Steine, die aus neuen Fundstätten
stammten oder in deren Ursprungsländern es keine gut entwickelte
Bearbeitungsindustrie gab. Die hiesigen Schleifer erlangten eine
so hohe Fachkenntnis und Erfahrung, dass auch heute aus vielen
Ländern, auch solchen mit Edelsteinschleifereien, Steine
aus neuen Funden nach Idar-Oberstein gesandt werden, um sich der
hiesigen Kenntnisse in der Behandlung und Bearbeitung von Steinen
zu bedienen. Zwar ist auch das richtige Anlegen der Facetten,
die Beachtung richtiger Proportionen und Schliffwinkel von großer
Bedeutung. Weit mehr aber noch entscheidet die richtige Behandlung
des Rohsteines über die Qualität des fertigen Produkts,
Fähigkeiten, die selbst nach Jahrzehnten in einigen überseeischen
Zentren nicht erlernt wurden. Bei der Bearbeitung hochwertiger
Qualitäten der verschiedenartigsten Steine spielt die Fachkenntnis,
nicht die Höhe des Lohnes, die ausschlaggebende Rolle. Deshalb
werden wohl auch in Zukunft diese Edelsteine in Idar-Oberstein
geschliffen. Die deutsche Edelsteinindustrie beschränkt sich
aber nicht nur auf die Fertigung von Einzelstücken oder kleinen
Serien feiner Edelsteine in Handarbeit. Sie verarbeitet auch die
importierten Originalpartien in größeren Mengen im
mittleren und unteren Preissegment. In der Vergangenheit geschah
das in der Regel durch die Bearbeitung auf den Sandsteinen, wobei
die zu facettierenden Steine in der bloßen Hand gehalten
wurden, was kürzere Bearbeitungszeiten zur Folge hatte -
eine Spezialität Idar-Obersteins. Eine große Anzahl
von Hausgewerbetreibenden im Umland arbeitete so. Für den
Betrachter war dies eine faszinierende Bearbeitungsart, die sonst
so nirgends auf der Welt praktiziert wurde.
Mit der wirtschaftlichen Erholung der Bundesrepublik wurde es
immer schwieriger, genügend Nachwuchskräfte in dieser
Arbeitsweise auszubilden. Darüber hinaus war abzusehen, dass
trotz der Vorteile beim Schleifen und Polieren das Lohnniveau
in Deutschland auf die Dauer eine Massenfabrikation in Handarbeit
zu teuer machte. Eine Anzahl von Firmen begann deshalb, die Bearbeitung
von Edelsteinen zu technisieren, zu mechanisieren und im Endergebnis
zu automatisieren. Das verbilligte die Herstellung nicht nur,
sondern es verbesserte zugleich die Qualität des Schliffes.
Trotz dieser modernen und kostengünstigen Edelsteinbearbeitung
in der Masse, sieht sich Idar-Oberstein auf dem Weltmarkt einem
erheblichen Konkurrenzkampf mit den Niedriglohnländern ausgesetzt.
Ein über Generationen gewachsener Erfahrungsschatz gerade
beim Facettieren von Edelsteinen in allen Arten, Schliffen und
Besonderheiten, sichert jedoch Marktanteile und begründet
nach wie vor die überragende Stellung Idar-Obersteins - das
Umland natürlich inbegriffen - im Bereich mittlerer bis allerfeinster
Qualitäten.
Achate und andere:
In den Wasserschleifen an den Wasserläufen der Gegend bearbeitete
man seit Jahrhunderten Achate und Jaspise im Glattschliff. Später
geschah dies ebenfalls meist in kleineren Schleifereien, in denen
man auf den oben erwähnten Sandsteinen, angetrieben von Elektromotoren,
arbeitete. Die deutsche Edelsteinindustrie deckte einen großen
Teil des Weltbedarfes auf diesem Sektor ab. Im Laufe der Jahre
konnte man allerdings im unteren Preissegment mit den konventionellen
Arbeitsmethoden nicht mehr mit den Billiglohnländer konkurrieren.
Im Bereich der guten Qualitäten, der Spezialschliffe und
der Unikate ist die Region in und um Idar-Oberstein mit ihrem
weltweit einzigartigen Know how und ihren vielfältigen, alles
umfassenden Bearbeitungsmöglichkeiten indes unverändert
führend in der Welt.
Schalen und kunstgewerbliche Objekte:
In vielen Museen und Kirchen der Welt sind Kelche, Schalen und
ähnliches zu sehen, die aus hiesigem Material in der Region
gefertigt wurden und u.a. an die verschiedenen damaligen Fürstenhöfe
gingen. Erfreulicherweise gibt es heute noch oder wieder Kunsthandwerker,
die hervorragende Arbeit auf diesem Gebiet leisten und zum Teil
mit Staats- und Ehrenpreisen ausgezeichnet wurden. Idar-Oberstein
hat insoweit eine weltweit einmalige Stellung, die zudem durch
eine wesentliche Weiterentwicklung innerhalb der letzten 30 Jahre
im künstlerischen Bereich gefestigt wurde.
Gravuren:
Ein sehr bedeutender Zweig der Edelsteinindustrie ist die Herstellung
von Gravuren der verschiedensten Art. Dieses Kunsthandwerk, das
sich seit der Mitte des letzten Jahrhunderts in Idar-Oberstein
ständig weiter entwickelte und in seinen besten Arbeiten
zur Kunst wird, bietet Erzeugnisse, die in ihrer Qualität
mit den herausragenden Stücken der Antike vergleichbar sind,
ja sie im handwerklichen Können sogar noch übertreffen.
Es dürfte kein Edelsteinzentrum in der Welt geben, in dem
es möglich ist, Kameen, vertiefte Gravuren, Wappen, Kleinplastiken
und alle übrigen Gravierungen zu finden.
Die Graveurkunst lebt nicht nur von handwerklicher Meisterschaft
des Bearbeiters, sondern auch von seinem Einfühlungsvermögen
in den zu bearbeitenden Stein und seine Erfahrung, was aus einem
solchen herausgearbeitet werden und entstehen kann. Erfreulicherweise
ist die Ausbildung auf diesem Gebiet in den letzten Jahren sehr
rege, so dass man in diesem Bereich hoffnungsvoll in die Zukunft
blicken kann.
Schmuck:
Bereits seit dem 18. Jahrhundert gibt es größere Werkstätten,
später auch Fabriken in Idar-Oberstein, die sich mit der
Weiterverarbeitung der Edelsteine in Schmuck befassen. Zahlreiche
Goldschmiede und Juwelenfasser sind seitdem in kleineren und größeren
Betrieben tätig und fertigen sowohl individuelle Juwelen
als auch industriell bearbeiteten Schmuck. Auch der Modeschmuck
aus Idar-Oberstein genießt noch immer trotz aller Konkurrenz
auf dem Weltmarkt einen hervorragenden Ruf. Beim Edelsteinschmuck
ist die Zusammenarbeit von Schleifer und Goldschmied von großer
Bedeutung. Nirgends kann sie besser ausgeübt werden als hier.
Um weitere Impulse in diese Richtung zu geben, gründete man
eine Fachschule, deren Absolventen/innen bereits mehrfach bei
den internationalen Wettbewerben "Deutscher Schmuck- und
Edelsteinpreis Idar-Oberstein" sowie "Deutscher Nachwuchswettbewerb
für Edelstein- und Schmuckgestaltung Idar-Oberstein"
Preise zu erringen vermochten. Die Hoffnung auf weitere und größere
Erfolge der intensiven Nachwuchsschulung in der Bearbeitung von
Edelsteinen und dem Entwurf von Schmuck ist deshalb berechtigt.
Eine folgerichtige Entwicklung war in diesem Zusammenhang auch
die Gründung der "Fachhochschule für Edelstein-
und Schmuckdesign" in Idar-Oberstein, die im Jahre 2002 bereits
ihr 15jähriges Bestehen feiern konnte und die sicherlich
einzigartig ist. Auch hier konnten die Studenten/innen und Absolventen/innen
bereits zahlreiche internationale Auszeichnungen und Preise erringen.
Der von Fachschule und Fachhochschule ausgebildete Nachwuchs behauptet
sich heute als eine feste Größe erfolgreich nicht nur
in der hiesigen Industrie sondern weltweit.
Der Handel in geschliffenen Edelsteinen:
Die Produktion ist zwar ein lebenswichtiger nicht wegzudenkender
Teil der Edelsteinindustrie. Viele Firmen unterhalten aber darüber
hinaus seit Generationen enge Beziehungen zu den verschiedenen
Edelsteinschleif- und Handelszentren in der ganzen Welt. Zweifellos
hat der Import und der Verkauf geschliffener Edelsteine in Idar-Oberstein
in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen und wächst ständig.
Dies steht nicht im Widerspruch zu den Bemühungen, die Produktion
durch noch bessere Ausbildung der Bearbeiter und die Weiterentwicklung
modernster Maschinen zu fördern. Idar-Oberstein ist vielmehr
der einzige Platz, an dem wirklich alle auf der Welt vorkommenden
Edelsteine gehandelt und geschliffen werden. Um diesen Anspruch
aufrecht zu erhalten und gerecht zu werden, ist es erforderlich,
wie bei Rohsteinen den Markt und insbesondere das Angebot genauestens
zu prüfen. Nur ständige Reisen in die verschiedenen
Edelsteinzentren aller Kontinente ermöglichen den notwendigen
Überblick und die Fähigkeit, günstig einzukaufen.
Deshalb sind die Inhaber oder Angehörigen der bekannten hiesigen
Edelsteinfirmen viele Wochen und Monate im Jahr unterwegs, um
die Angebote zu sichten und zu marktgerechten Preisen einzukaufen.
Ausschlaggebend für die Einkäufe ist der Bedarf des
deutschen, aber auch des Weltmarktes. Die Bedürfnisse beider
Märkte werden mit weit verzweigten Verkaufsorganisationen
oder engen Kontakten zu den jeweiligen Schmuckzentren befriedigt.
Die einmaligen Lagerbestände und Sortimente des Standorts
"Idar-Oberstein" an rohen und geschliffenen Edelsteinen
aller Art dienen als Puffer zur Dämpfung von Preisschwankungen
und zur Überbrückung von Lieferengpässen. Sie sind
darüber hinaus die Grundlage eines schnellen und umfassenden
Kundendienstes, der es ermöglicht, den Kunden innerhalb weniger
Tage Lieferungen und Auswahlen zu senden. Dieser Service für
den deutschen, europäischen und Weltmarkt ist ein Markenzeichen
Idar-Obersteins und wird in gleicher Weise von keinem anderen
Edelsteinzentrum geboten.
Die einmal im Jahr stattfindende "INTERGEM" (Fachmesse
für Edelsteine und Edelsteinschmuck) trägt ein Übriges
dazu bei, die Stellung Idar-Obersteins auch als Handelsplatz für
alle Arten von Edelsteinen zu festigen.
Synthesen, technische Steine, Diamantwerkzeuge:
Eine Sonder- aber keinesfalls eine Randstellung nimmt die Herstellung
und Verarbeitung synthetischer Edelsteine - die Züchtung
von Laserkristallen, die beispielsweise in der Medizintechnik
Verwendung finden, inbegriffen - , die Herstellung technischer
Edelsteine (z.B. Poliersteine) und schließlich der bedeutsame
Zweig der Herstellung von Diamantwerkzeugen (z.B. diamantbeschichtete
Schleifscheiben und Bohrer zur Metall- und Edelsteinbearbeitung)
ein.
Gerade diese Bereiche haben Idar-Oberstein zu einem konkurrenzfähigen
Hochtechnologiestandort gemacht und sind heute wichtige Eckpfeiler
einer Industrie, die sich bis in die feinsten Verästelungen
spezialisiert hat und sich dadurch erfolgreich auf dem Weltmarkt
behauptet.
Wie erwähnt, hat die deutsche Edelsteinindustrie Jahrhunderte
mit vielem Auf und Ab überdauert. Es gab Jahrzehnte, die
nach den damals vor allem vorherrschenden Artikeln als Graveurzeit,
als Saphir- und als Opalzeit bezeichnet wurden. In anderen Perioden
herrschten besonders bezüglich der Beschäftigtenanzahl
Achate, synthetische Steine oder Diamanten vor. Heute ist die
Palette der hier hergestellten und gehandelten Edelsteine so breit,
dass keine Gruppe mehr alleine eine dominierende Rolle wie in
der Vergangenheit zu spielen vermag. Wahrscheinlich hat die Verbreiterung
des Angebots dazu geführt, dass sich die Entwicklung verstetigte.
Selbstverständlich sind in den letzten Jahrzehnten neue Edelsteinzentren
mit beachtlicher wirtschaftlicher Kapazität entstanden und
alte haben sich verjüngt. Die Lohnentwicklung in unserem
Land hat Veränderungen der Struktur der deutschen Edelsteinindustrie
bewirkt. Die Schwierigkeit der Kapitalbildung in unserem Lande,
das Unterstützung und Hilfen für eine kleine Industrie
wie die unsere nicht kennt, hat gegenüber manchem Land Wettbewerbsnachteile
beträchtlicher Art gebracht.
Politische Unruhen und wirtschaftliche Schwierigkeiten in Ursprungsländern
haben manche hoffnungsvollen Ansätze einer Kooperation zerstört
oder erschwert. Trotz alledem, aus dem Bewältigen vergangener
Krisen, den starken Kontakten in alle Welt und dem Bemühen,
modernste technische Entwicklungen für die Bearbeitung von
Edelsteinen nutzbar zu machen sowie aus den Möglichkeiten,
die Fachschulen, Fachhochschule und die beiden internationalen
Wettbewerbe "Deutscher Schmuck- und Edelsteinpreis Idar-Oberstein"
sowie "Deutscher Nachwuchswettbewerb für Edelstein-
und Schmuckgestaltung Idar-Oberstein" für die Weiterentwicklung
von Kreativität und Kunsthandwerk bieten, bestehen gute Aussichten
für eine gesunde Weiterentwicklung dieser so alten Industrie.
Die heutige edelsteinbearbeitende Industrie ist die Summe, das
Ergebnis einer Jahrhunderte langen Entwicklung in der alle möglichen
Edelstein- und artverwandten Berufe in breiter Ebene zusammenarbeiten:
Vom Achatschleifer, Edelteinbohrer, Hohlschleifer, Graveur, Heraldiker,
Facettierer, Lapidär, Diamantschleifer, Silber und Goldschmied,
Metallverarbeiter, Mustermacher und Designer, über echte,
synthetische und technische Steine, vom Mineral über den
geschliffenen Stein bis hin zum fertigen Schmuckstück, von
der guten Lehrlingsausbildung über Fachschule und Fachhochschule,
von der Entwicklung und Herstellung edelsteinbearbeitender Maschinen
und Werkzeuge, von der Züchtung von Laserkristallen, der
Forschung im Edelstein- und Edelmetallbereich bis hin zur Deutschen
Gemmologischen Gesellschaft, den Laboren, den Fachuntersuchungen
und Zertifikaten, bis hin zum Schmucketui. Dies alles zusammen
auf kleinem Raum, das dürfte wohl einmalig sein auf dieser
Welt.
Die Anziehungskraft von Idar-Oberstein für den Fachbesucher
liegt darüber hinaus in dem Vermögen und der Bereitschaft
der ansässigen Firmen, ihre Kunden mit Qualität, Zuverlässigkeit
und großer Kompetenz zu bedienen und damit ein verlässlicher
Partner zu sein.